Selbsterkenntnis ist der Mega-Schlüssel zu Erfolg und Glück

Selbsterkenntnis ist der Mega-Schlüssel zu Erfolg und Glück

Langjährige Studien über Führungsqualitäten belegen: nur wer erstens über sich selbst und zweitens über seine Wirkung auf andere eine fundierte Vorstellung hat, kann erfolgreich Menschen und Unternehmen führen. Es geht also um Selbsterkenntnis auf zwei Ebenen: der internen in Bezug auf die eigenen Werte & Visionen und der externen in Bezug auf die Wahrnehmung der eigenen Verhaltensweisen durch das jeweilige Umfeld. Beides erfordert eine ehrliche Selbstanalyse. Dass sich das lohnt, zeigt ein weiteres wissenschaftlich belegtes Ergebnis: eine solche Analyse führt auch zu einem glücklicheren Leben.


Der erste Teil dieser Selbstanalyse, in dem es um die eigenen inneren Befindlichkeiten geht, ist noch relativ unproblematisch und kann anhand einer 7 Punkte umfassenden Checkliste(1) systematisch bearbeitet werden:

– Werte, die das eigene Leben leiten
– Leidenschaften, die uns erfüllen
– Träume und Ziele, die wir erleben und erreichen wollen
– ideales Umfeld, in dem wir uns wohl und glücklich fühlen
– Leit- und Vorbilder für unser Denken, Fühlen und Verhalten
– daraus Ableitung persönlicher Stärken und Schwächen
– beabsichtigter und tatsächlicher Einfluss auf das jeweilige Umfeld

Deutlich heikler ist dagegen der zweite Teil der externen Selbsterkenntnis, sprich: der Wirkung auf andere; denn diese Analyse ist eine Quelle potenzieller Selbsttäuschung, insbesondere unter Menschen mit chronischer Selbstüberschätzung und solchen mit narzisstischen Tendenzen. Von denen gibt mehr als viele denken:

Erste Barriere für Selbsterkenntnis: Selbstüberschätzung als Folge des Megatrends „Cult of Self“(2)

Die wesentlichen Ausprägungen dieses Trends:

– Das vorherrschende Kind- und Erziehungsideal folgt der Überzeugung, dass alles, was das Kind tut, per se gut ist. Es wird deshalb mit Lob überschüttet – auch wenn es gerade Fehler macht oder sich danebenbenimmt.

– Das führt dazu, dass aus diesen Kindern später Jugendliche und Erwachsene mit übersteigertem Selbstbewusstsein werden, das sich nicht aus tatsächlich erbrachter Leistung und entsprechenden Mühen speist, sondern aus dem dauerhaft unkritischen Feedback der Eltern: „It’s far easier to feel wonderful than to become wonderful“(3).

– Zusätzlich befeuert wird dieser intensive Fokus auf die eigene Großartigkeit durch die sozialen Medien (insbesondere Instagram), in denen mit großer Hingabe ein geschöntes Selbstbild produziert wird – das geht solange gut, bis die Diskrepanz zwischen idealem Selbstbild und Realität so offensichtlich wird, dass es zu regelrechten Zusammenbrüchen kommt.

Deshalb lautet der Tipp an alle: Social Media sollte weniger für die (Über-)Inszenierung von einem selbst genutzt werden, sondern um inspirierende Eindrücke aus der Welt um einen herum zu teilen („Informing“ statt „Me-Performing“)(4).

Zweite Barriere für Selbsterkenntnis: Narzisstische Tendenzen als Folge des „Cult of Self“

Wissenschaftliche Untersuchungen beweisen, dass Narzissmus Erfolg verhindert(5). Dafür gibt es mehrere Gründe: Ein zu starker Selbstbezug trübt den Blick für eigene Schwächen und führt in der Folge dazu, Risiken falsch einzuschätzen bzw. zu große Risiken einzugehen. Die permanenten Drehungen um die eigene Achse zerstören außerdem Beziehungen, weil sie bei anderen Angst und Frustration erzeugen, was schließlich deren Loyalität untergräbt – eine fataler Effekt, wenn der eigene Erfolg auch vom Engagement der Mitarbeiter abhängt. Noch schlimmer aber trifft es den Narzissten am Ende selbst, denn eine übersteigerte Selbstwahrnehmung führt im Fall von Misserfolg zu einem völligen Zusammenbruch, weil das eigene Ego ein mögliches Scheitern nicht vorsieht.

 

Exkurs: Eine wahre Geschichte über narzisstische Exzesse

 

Ich habe 20 Jahre lang für führende internationale Agentur-Networks in der strategischen Beratung gearbeitet und dabei viele Narzissten erlebt. Der krasseste Fall war der noch relativ junge Chef der deutschen Dependance eines solchen Networks, der aus einem sehr guten Stall kam, gut aussah und deshalb eine gewisse Blendkraft entwickeln konnte.

 

Gleich nach seinem Eintritt in diese Agentur erklärte er den Geschäftsführern: „Ihr wisst, dass ich Euch alle jederzeit kündigen kann.“ Mithilfe eines eigens für ihn engagierten PR-Profis gelang es, ein Portrait über ihn in einer großen überregionalen Sonntagszeitung zu platzieren – darin ging es vor allem um seine Künste als Schlagzeuger, über seine Vision und Pläne für die Agentur war da nichts zu lesen. Er stellte gegen den Widerstand seines Finanzchefs zwei hochkarätige Kreative ein, die eigentlich keiner brauchte – laut eigener Erklärung nur, um in der Branche Eindruck zu schinden (die beiden waren natürlich schnell überflüssig und haben mit diesem Schritt ihre Karriere ruiniert). In einer Profitabilitätskrise kürzte er allen Geschäftsführern das Gehalt um 10 % – nur seines nicht. Die Liste dieser egomanen Exzesse ließe sich beliebig fortsetzen.

 

Immerhin: mithilfe seiner guten gesellschaftlichen Kontakte konnte er die Agentur in viele wichtige Pitches um große Etats führen – aber nur sehr wenige gewinnen, weil er keine strukturierten Prozesse zuließ, sondern sich selbst zum Nabel der Entscheidungen machte. Beispiel: wir hatten für einen Pitch um einen großen Finanzdienstleister 3 Kampagnen entwickelt. Auf dem Weg zur entscheidenden Präsentation ging er die noch mal durch und erklärte plötzlich: „Konzept B gefällt mir doch nicht, wir schmeißen das wieder raus.“ Ich erwiderte: „Das geht nicht, das ist das einzige Konzept, das der Strategie folgt, die wir mit dem Kunden verabredet haben.“ Konzept B blieb also widerwillig drin, wurde Pitchsieger und steigerte branchenweit die kreative Reputation der Agentur.

 

Leider konnte er sich in den meisten anderen Fällen mit schlechtem Judgement durchsetzen. Dass das relativ lange gut ging, hat einen simplen Grund: die langjährigen Führungskräfte der Agentur haben einfach stur das profitable Stammgeschäft weitergeführt.

 

Irgendwann fiel dann aber doch auf, dass die Neugeschäftsausbeute dieses narzisstischen Blenders mickrig war. Er ließ sich dann von einem hanseatisch geprägten Medienhaus als Vermarktungschef abwerben, konnte die aber nicht blenden und flog da nach kurzer Zeit wieder raus – davon hat er sich nie wieder richtig erholt. Die Lehre: egomane Selbstüberschätzung kann einige Zeit gutgehen – aber wenn das schiefgeht (und das wird es), dann richtig.

Hätte man das verhindern können? Ja! Aber nur, wenn sich der selbstverliebte Protagonist dieser traurigen Geschichte rechtzeitig auf kritische Feedbacks aus seinem Umfeld eingelassen hätte. Die nämlich sind der Schlüssel zur externen Selbsterkenntnis und damit zu Erfolg und Glück. Das gilt für den privaten Bereich genauso wie für den beruflichen.

Externe Selbsterkenntnis braucht kritische Feedbacks

Im Job-Umfeld gibt es allerdings eine ganz besondere Herausforderung für solche kritischen Feedbacks, weil diese nicht nur von oben (Chef) nach unten (Untergebene) Sinn machen, sondern auch umgekehrt. In ihrem Buch „Insight“(6) beschreibt Tasha Eurich, eine international anerkannte Psychologin für Organisationsstrukturen („organizational psychologist“), etliche spannende Feedback-Cases in Unternehmen – im Ergebnis nicht immer unbedingt komfortabel für die Chefs, aber immer nützlich für die Steigerung der eigenen Produktivität und den Erfolg ihrer Unternehmen. Hier abschließend ihre wichtigsten Tipps:

– 360°-Feedback: Man sollte die Meinung von Mitarbeitern und Geschäftspartnern aus allen unterschiedlichen Bereichen zusammentragen, um ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten.
– Das richtige Feedback: Man sollte nicht diejenigen fragen, die einen partout nicht leiden können („unloving critics“), sondern die, die einen mögen, sich aber trotzdem eine kritische Distanz erhalten haben („loving critics“).
– Überwindung des MUM-Effektes: wenn Mitarbeiter sich scheuen, Kritik zu äußern (so wie viele Mütter gegenüber ihren Kindern), muss das Feedback so organisiert werden, dass das halbwegs anonym geschehen kann (z.B., indem das Feedback einer Mitarbeiter-Gruppe durch einen von ihr gewählten Sprecher vorgetragen wird).
– Schaffung einer komfortablen Umgebung für den kritischen Austausch (z.B. „the dinner of truth“).


(1)INSIGHT, Tasha Eurich, published in the US by Currency, an imprint oft he Crown Publishing Group, a division of Penguin Random House, New york, page 24 ff
(2)dito, page 64 ff
(3)dito, page 67

(4)siehe dazu auch http://livingfair.de/wie-exzessive-instagram-inszenierungen-zum-mobbing-gegen-sich-selbst-werden-koennen/
(5)Emma Seppälä, THE HAPPINESS TRACK, HarperOne 2016, S. 144 ff

(6)INSIGHT, Tasha Eurich, published in the US by Currency, an imprint oft he Crown Publishing Group, a division of Penguin Random House, New york, page 134 ff

 

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