Mood-Magazine: Sanfte Schlingerkurse rund um wahres Glück

Mood-Magazine: Sanfte Schlingerkurse rund um wahres Glück

Aufmachung und Titel der Mood-Magazine verheißen pures Wohlbefinden: Flow, happinez, slow, Daphne’s Diary, Herzstück, ma vie – sie alle kreisen wie Satelliten um das große Thema Glück, stoßen aber nicht in sein Epizentrum vor. Denn wahres Glück – so die Erkenntnis der Positiven Psychologie –  findet man nicht so sehr in spirituellen Rückzugsstrategien, sondern in der engagierten Verfolgung von selbst gesetzten, ambitionierten Zielen.

Die Versprechen der Mood-Magazine greifen ganz tief ins emotionale Fach:

– flow positioniert sich als „Zeitschrift ohne Eile, über kleines Glück und das einfache Leben“ und liefert dafür „kreative Ideen, spannende Denkanstöße und positive Inspirationen, die den Alltag ein bisschen schöner machen.“ Dazu kleine Papiergeschenke zum Herausnehmen, liebevolle Inspirationen und viele Selbstmachtipps. Inhaltlich geht es um Verbundenheit mit anderen, Selbstverwöhnung, ein sinnvolles und einfaches Leben.

– Das „Mindstyle Magazine“ happinez verkündet seinen Leserinnen „Du bist das Wunder des Lebens“ und vermittelt ihnen Hochglanz-Inspirationen zu den Themen Achtsamkeit, Geborgenheit, Träume, Glaube, Liebe, Hoffnung, Harmonie, Köstlichkeiten für die Seele.

– slow setzt sich für „mehr Zeit fürs Wesentliche“ ein: einfach mal runterkommen, Leben & Lieben mit mehr Lässigkeit, Wohnen mit mehr Gefühl, Arbeiten mit mehr Ruhe – das sind die Appelle an die eigene Verlangsamung.

– Daphne’s Diary positioniert sich als „stimmungsvolles Magazin voller Inspirationen rund um Haus, Garten, Antikes, Basteln, Rezepte, Ausflüge, Reisen ….

– Herzstück verheißt gleich „Alles, was glücklich macht“, und zwar mit „Inspirationen für Leib & Seele“. Es geht um Sinnfindung, spirituelle Seelsorge, das Glück der Einfachheit, echte Gefühle.-

– ma vie beschäftigt sich mit der „Kunst, sich Zeit zu nehmen“ und der Schönheit des Unperfeekten.

Alle zusammen repräsentieren einen neuen, spirituellen Luxus, der sich als Gegenentwurf zum (über)fordernden Alltag in Beruf und Privatleben und  als Gegenpol zu rein materiellen Begehrlichkeiten in Stellung bringt. Sie bedienen eine tiefe Sehnsucht nach innerer Einkehr und seelischem Reichtum, der vollkommenes Glück verheißt.

In Wirklichkeit spiegeln die Mood- und Glücksmagazine aber nur eine Seite der Medaille „Glück“ wieder, nämlich die des Rückzugs aus den Widrigkeiten und Stressfaktoren unserer hochtechnisierten, entmenschlichten Leistungsgesellschaft.

Wenn man der Positiven Psychologie folgt, entsteht echtes Glück vor allem (auch) dann, wenn man hoch konzentriert in einem anspruchsvollen Tun aufgeht, das einem Freude bereitet und einen Zustand optimaler Leistungsfähigkeit beschreibt, mit der selbst gesteckte Ziele erreicht werden – das beschert dann den sogenannten „Flow“, das Erleben von tief empfundenen Glück.

Der Entdecker des Flow-Prinzips Mihaly Csikszentmihalyi setzt sich in seinem Buch „Flow – der Weg zum Glück“ (Verlag Herder) mit diesen unterschiedlichen Glücksstrategien – spiritueller Rückzug einerseits, ambitionierte Zielverfolgung andererseits – wie folgt auseinander:

„Natürlich kann das sein, das wir im flow sind, während wir uns entspannen und einfach einen Roman lesen und voll und ganz darin aufgehen – wir vollziehen dann sozusagen jede Bewegung der Anna Karina mit ihr mit. Aber ich meine, dass Menschen sehr viel leichter in einen flow-Zustand geraten, wenn die Herausforderung groß ist und die Aufgabe, die sie bewältigen wollen, schwierig… Viele Menschen meinen aber, wenn sie nichts zu tun haben und es keine Herausforderung gibt: Ah, wie schön, jetzt bin ich frei, jetzt kann ich entspannen!“ doch gerade dann gelingt es ihnen nicht … Es ist für die meisten sehr schwer, aus der Entspannung heraus wirklich in flow zu geraten. Das gelingt tatsächlich nur fortgeschrittenen Meditierenden.“

Was bedeutet das für redaktionelle Strategien in der Kategorie der Mood-Magazine? Ich glaube, es ist Zeit für ein Konzept, das sich im Sinne eines umfassenderen Glücksbegriffes öffnet und nicht nur die de-aktivierenden Facetten, sondern auch die aktivierenden Elemente einbezieht. Denn jeder spirituelle Rückzug ist letztlich nur so viel wert, wie er die Fähigkeit zu einer glücklicheren Alltags- und Lebensbewältigung stärkt.

Es gibt einen ewigen Kreislauf zwischen

  • dem aktiven Einsatz der eigenen Talente mit hohem Flow-Potenzial
  • dem Genuss des Erreichten (allein oder mit anderen)
  • dem Rückzug ins Private zur Entspannung und Erholung
  • dem Re-Start der persönlichen Energie

Und dann wieder von vorn!

Was den ersten Punkt betrifft, so zeigt die folgende Graphik den Zusammenhang zwischen persönlichem Einsatz und dem Erreichen höchster Zufriedenheit im Flow:

Dieser Kreislauf könnte zur erweiterten redaktionellen Plattform im Sinne einer modernen, weltoffenen Glücksphilosophie werden, die auch solche Zielgruppen erreicht, die mit dem puren Versinken in spirituelle Welten allein nicht zu motivieren sind.


Lesen Sie auch den Blog-Artikel „Wahres Glück ist selbstgemacht„, der dieses erweitertes Glücksverständnis vertieft.

 

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