Ende der Sauertöpferei: Die 5-Punkte-Checkliste der Glücksforschung für die Politik nach Corona

Ende der Sauertöpferei: Die 5-Punkte-Checkliste der Glücksforschung für die Politik nach Corona

In der Corona-Krise zeigt sich eine irritierende Sehnsucht nach politischen Autoritäten mit rigiden Handlungsanweisungen. Bedenkliche Nebenwirkung des Aufschwungs der Hüter strenger Pandemie-Regeln in den Politbarometern: er ermutigt dazu, das Droh-Szenario so lange wie möglich hochzuhalten, auch wenn Zahlen und Experten die Gefahrenlage längst relativieren. Was aber passiert, wenn die Krise unter Kontrolle ist und es um den Wiederaufbau einer glücklichen Zukunft geht – welche politischen Management-Qualitäten sind dann gefragt? Die Glücksforschung der Positiven Psychologie gibt darauf klare Antworten. Und die sagen den restriktiven Wegweisern ein baldiges Ende ihres Höhenfluges voraus, weil es dann um Glücksvermehrung und nicht mehr um Unglücksvermeidung geht. Das ist ein völlig anderes Polit-Geschäft.

Einer der Begründer der Positiven Psychologie, Prof. Dr. Martin Seligman von der University of Pennsylvania, hat 5 Säulen eines gelingenden, glücklichen Lebens ausgemacht(1): positive Emotionen, Engagement, positive Beziehungen, Sinn im Leben, Leistung. Für ambitionierte, zukunftsgewandte Politiker heißt das in der Post-Corona-Phase: sie müssen sich (wieder) mit diesen Kriterien eines gelungenen Lebens in Einklang bringen, um neue Kräfte für den Neustart freizusetzen. Daraus ergeben sich die folgenden 5 Eckpfeiler für ein erfolgreiches Polit-Management nach der Krise:

1)

Es geht darum, glaubwürdig Optimismus zu verbreiten und dafür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Die Corona-Krise hat so viele Opfer gefordert, vor allem in den überbelasteten Familien und in vielen Branchen, denen die Existenzgrundlage entzogen wurde. Das hat in breiten Bevölkerungskreisen zu einer lähmenden Erschöpfung geführt. Um diese Niedergeschlagenheit in neue Tatkraft umzuwandeln, braucht man eine begründete Zuversicht, dass es eine Wendung zum Besseren geben wird.

Dieser Optimismus nährt sich vor allem aus der Erfahrung, schon viele, schwierige Probleme gelöst und überwunden zu haben. Daran müssen Politiker wieder stärker erinnern – aber nicht in dem Sinne, was sie so alles schon gemeistert haben, sondern was die Bürger mit unerschütterlicher Tat- und Schaffenskraft erreicht haben, allen Widrigkeiten zum Trotz.

2)

Heißt: mit Ausdauer die höchsten persönlichen Begabungen aufzuwenden und eigene Grenzen zu sprengen, um ein gestecktes Ziel zu erreichen. Die Menschen spüren, ob sich ein Politiker wirklich mit Tatkraft einsetzt oder nur redet. Deshalb ist ein politisches Programm nur so viel wert, wie die Umsetzung nachvollziehbar, glaubhaft und gerecht ist. Dafür sind vorbildhafte Pilotprojekte notwendig, die insbesondere die unterstützen und antreiben, die in der Corona-Krise am stärksten auf der Strecke geblieben sind:

– Schüler aus sozial schwachen Familien, in denen weder die IT-Ausstattung noch die elterliche Befähigung vorhanden war, um Home Schooling zu betreiben.

– Studenten, die keine Nebenjobs mehr hatten und um die Finanzierbarkeit ihres Studiums bangen müssend.

– Die Gastronomie, die im Herbst und Winter wieder einknicken wird, wenn die Außenbereiche geschlossen werden und innen nur ein sehr begrenzter Bewegungsraum mit strengen Abstandsregeln zur Verfügung steht.

Wir brauchen Pilotprojekte, die beispielhaft nachweisen, wie diese Hindernisse überwunden werden können, um den notwendigen Optimismus für eine positive Zukunftsbewältigung zu schüren.

3)

Erfolgreichen Politikern gelingt es, eine nachhaltige Verbundenheit mit Menschen herzustellen. Dafür braucht es Charisma(2), das von Empathie geprägt ist. Das gilt sowohl für den permanenten Dialog mit den Bürgern als auch für den Stil der Machtausübung, der folgenden Einsichten folgen sollte(3):

– Macht gestaltet sich über das, was andere über einen denken, denn das ist ausschlaggebend für die Bereitschaft, sich von jemandem beeinflussen oder sogar führen zu lassen.

– Für eine nachhaltige Machtsicherung sind Freundlichkeit und Zugewandtheit zu anderen entscheidend; Machtmenschen sollten nie vergessen, dass es die anderen waren und sind, die ihnen Macht gegeben haben.

– Großzügigkeit, Dankbarkeit und Respekt sind die größten und effizientesten Entlohnungen. Denn Macht entfaltet sich am wirkungsvollsten, wenn sie andere aufwertet, würdigt und ebenfalls ermächtigt.

Das ist ein völlig anderer Umgang als der, der in der Corina-Krise viele Politiker geleitet hat: belehren, maßregeln und unbedingte Folgsamkeit einfordern. Nach der Krise müssen wieder die Menschen als Helden und Gestalter ihres Lebens gewürdigt werden. Politiker haben ihnen zu dienen und nicht zu befehlen.

4)

Die alles entscheidende Frage an die Politiker ist die nach ihrer Vision für eine bessere Zukunft. Sie sollte idealerweise folgende Kriterien erfüllen: sie

– überwindet die starren Grenzen des Status Quo,

– eröffnet den Menschen damit neue Möglichkeiten eines erfüllteren Lebens,

– hat idealerweise den Sex-Appeal von Revolte – gerade in jungen Zielgruppen eine ungemein attraktive Position,

– trifft mit ihrer Haltung den Zeitgeist,

– nutzt kraftvolle Kommunikation, um eine breite Zielgruppe für die Vision einzunehmen.

Mit einer solchen Vision kann ein neues Band zu den Wählern hergestellt und eine regelrechte Bewegung in Gang gesetzt werden, um den Neustart nach der Krise zu einem nationalen Gemeinschaftsprojekt zu machen. Dabei muss jedem klar sein, dass es ein „weiter so“ nicht geben kann – im Gegenteil: die Zukunft soll besser werden, sprich klimafreundlicher und sozialer. Das Motto: „Build back better.“(4)

5)

Was in allen anderen Sektoren der Wirtschaft und Gesellschaft selbstverständlich ist, nämlich dass Leistung zählt um voranzukommen, ist von der Politik ausgehebelt worden:

Corona-Pannen-App, verschlafene Digitalisierung der Verwaltungen, Missmanagement der  Bundeswehr, Pflegenotstand, Lehrermangel, Mautdebakel, Infrastrukturdefizite … um nur einige Desaster zu nennen.

Die Folgen dieses breiten Versagens behindern das Leben vieler Menschen und blockieren eine effiziente Krisenbewältigung. Die Politik muss jetzt ein Zeichen setzen, dass damit aufgeräumt wird.

Insgesamt ergibt sich aus diesen 5 Faktoren eines gelingenden Lebens folgende 5-Punkte Checkliste für Parteien und Politiker:

Fazit: Diejenigen unter den Politikern, die sich heute noch in der Rolle des rigiden Zuchtmeisters gefallen, weil ihnen die Angst der Menschen in die Hände spielt, müssen nach der Krise umdenken oder anderen Platz machen; denn der Wiederaufschwung braucht Ermutigung und Befähigung frei denkender und agierender Bürger, die ihr Leben in die eigene Hand nehmen. Und in der Politik muss endlich wieder gelten, dass man nur durch echte Leistung für die Bürger und für sich persönlich etwas erreichen kann.


(1) Martin Seligman, FLOURISH, Kösel-Verlag 2014, S. 34 ff.: Das PERMA Prinzip (Positive emotions, Engagement, positive Relationships, Meaning and Accomplishment)

(2) Olivia Fox Cobane, THE CHARISMA MYTH, Penguin Group (2012)

(3) Dacher Keltner, Professor für Psychologie an der Universität von California, Berkeley, und Mitbegründer der Coaching-Plattform „Greater Good In Action“, jahrzehntelange Studien betrieben, deren Ergebnisse er jetzt in seinem neuesten Buch „The Power Paradoxum“ publiziert hat.

(4) Slogan von Joe Biden für seine Post-Corona-Politik

 

 

 

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