Helen Mirren: Selbstironische Feministin bis ins hohe Alter

Helen Mirren: Selbstironische Feministin bis ins hohe Alter

Kaum eine Schauspielerin schafft den Weg vom Objekt sexueller Fantasien zur überzeugenden und mitreißenden Feministin. Die renommierte britische Darstellerin und Oskar-Preisträgerin Helen Mirren (80) hat bereits in jungen Jahren beides gleichzeitig verkörpert und später ihren Kampf für die Rechte der Frauen mit ihrem Engagement gegen Altersdiskriminierung verbunden. Das verbindende Element über all die Jahre: Selbstironie und Schlagfertigkeit.

Wer verstehen will, warum Helen Mirren heute international als große Ikone des Feminismus gefeiert wird, muss sich mit ihren Anfängen als Schauspielerin befassen. Sie war 1969 im Kino als eine der ersten Darstellerinnen  vollkommen nackt zu sehen und strahlte – so die wohlmeinenden Kritiker – „eine freche Erotik von erstaunlicher Natürlichkeit“ aus.

Andere Medienvertreter waren weniger schmeichelhaft: in einer britischen Talkshow wurde sie als Vertreterin von „Schlampen-Erotik“ vorgestellt und ihre „physischen Attribute“ wurden als ihre „wesentlichen Erfolgsfaktoren“ bezeichnet. Ihre schlagfertige Erwiderung: „Meinen Sie meine Finger?“ Und weiter zu ihrer sexuellen Anziehungskraft:

„Ich habe nichts dagegen, als sexuell attraktiv zu gelten. Ich mag es nur nicht, wenn ich auf der Straße angesprochen werde und die Leute sagen ‚die ist ja gar nicht so attraktiv wie alle sagen‘.“

Das Erfolgskonzept von Helen Mirren

Dieses Interview wird heute noch (55 Jahre später!) auf feministischen Events als Sternstunde des Kampfes gegen patriarchalische Normen und Zumutungen gefeiert – auch und gerade von jüngeren Frauen. Während andere Feministinnen ihre Sache oft mit Strenge und Bitterkeit vertreten, schafft Helen Mirren mit entwaffnendem Witz und Selbstironie einen viel leichteren Zugang zu dem Thema.

Im weiteren Verlauf ihrer Karriere hat sie ihr feministisches Engagement mit dem Kampf gegen Altersrassismus verbunden – auch in ihren Rollen. Die wichtigsten Meilensteine:

  • In der TV-Serie „Prime Suspect“ spielte sie von 1991 bis 2006 als „reife Frau“ die erste Hauptkommissarin und deckte auf, mit welchen Macho-Ritualen Frauen im Berufsleben konfrontiert waren. Die Serie war so erfolgreich, dass Frauen als TV-Kommissarinnen in allen europäischen Ländern zum neuen Erfolgsrezept für Krimiserien wurden.
  • In der legendären Kino-Komödie „Calendar Girls“ trat sie 2003 als Mitglied eines Verbandes älterer Damen auf, die sich für einen erotischen Wohltätigkeitskalenders nackt ablichten lassen.

Als Fürsprecherin der feministischen Bewegung proklamiert Helen Mirren als wichtigste Lernziele für Mädchen finanzielle Unabhängigkeit und selbstbestimmte Entscheidungen – bis ins hohe Alter. Sie kämpft vehement gegen Altersdiskriminierung und wehrt sich gegen Markenbotschaften wie „Anti-Aging“, weil das Alter damit als etwas gelabelt wird, das es zu bekämpfen gilt. Stattdessen sollte es gefeiert werden – natürlich unter Nutzung kosmetischer Errungenschaften und Produkte.

Wieder vereint sie wie schon in ihren jungen Jahren Feminismus mit selbstbewusster Weiblichkeit – Eitelkeit und körperliche Attraktivität inclusive. Als Markenbotschafterin für die L’OREAL-Hautpflegeserie „Perfect Age“ zeigt sie Eleganz, Vitalität und Lebensfreude und verkauft die Golden Age Rosy Day Cream mit dem Bekenntnis „I never felt rosier!“. Rosa nicht mehr nur als Farbe kleiner und großer Girlies, sondern als Lebensgefühl älterer Damen. So wird der Kampf gegen Altersdiskriminierung aus der Defensive geholt und in eine erfrischende und mitreißende Offensive geführt.

Die entscheidende Botschaft der Kampagne aber ist:

„Confidence is the most beautiful accessory.“

Das gilt für alle Frauen – und ganz besonders für die älteren, die in der Regel über weitaus mehr Selbstvertrauen verfügen als die Jüngeren. Wenn man Helen Mirren heute in ihren Achtzigern sieht, erkennt man eine Schönheit, die vor Selbstvertrauen strotzt und leuchtet. Eine bessere Inspiration und Ermutigung geht nicht.

 

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