Glücksformel fürs Alter: Selbst nach neuen Sternen greifen

Glücksformel fürs Alter: Selbst nach neuen Sternen greifen

Die moderne Glücksforschung der Positiven Psychologie räumt mit zwei Irrtümern auf: wahres Glück ist weder eine Schicksalsfrage, noch liegt es in den Weltfluchten der boomenden Wohlfühl- und Entspannungsindustrie. Sondern Glück ist ein ganz persönlicher Schöpfungsakt, bei dem unter aktivem Einsatz der jeweils höchsten Begabung persönliche Ziele erreicht werden. Dabei gilt es, bekannte Autobahnen im Gehirn zu verlassen und Neues zu erproben.

Wenn wir die Augen schließen, um uns an die glücklichsten Momente unseres Lebens zu erinnern, ziehen neben Großereignissen des Glücks wie eine überwältigende Liebe oder die Geburt eines Kindes vor allem Momente tiefer innerer Zufriedenheit an uns vorbei: Augenblicke, in denen wir stolz auf das blicken, was wir mit Hingabe erreicht und geschaffen haben. Wahres Glück hat nichts mit einem unverhofften Geldsegen wie im Sterntaler-Märchen zu tun. Wir müssen schon selber nach den Sternen greifen.

Freude am eigenen Tun – das ist der Kern dessen, was Menschen nach Auffassung der Positiven Psychologie wirklich glücklich macht und in einen Erlebniszustand versetzt, den die Glücksforscher „Flow“ nennen: in diesem Zustand geht jemand vollständig in einem anspruchsvollen Tun auf, das ihm Freude macht und Sinn erzeugt; er setzt dabei seine größten Talente ein, entwickelt sie weiter und entfaltet so eine optimale Leistungsfähigkeit. Die Freude daran, das Beste zu geben, ist für den Entdecker des Flow-Prinzps, Mihaly Csikzentmihalyi, die Voraussetzung für Erfolg und Glück; sein Credo: „Die Menschen sind dann am glücklichsten, wenn sie das tun, was sie am besten können.“[1]

Am Ende dieses Prozesses empfindet der Akteur tiefe Zufriedenheit und echtes Überglück. Flow ist die Lebenskunst glücklicher Menschen. Das ist ein permanenter, dynamischer Prozess, der die Bereitschaft erfordert, sich weiterzuentwickeln und Neues zu entdecken. Denn:

 „Im Alter haben wir eine letzte Chance, Flow zu erfahren. Wir haben zwar nicht die Vitalität und Energie, die wir früher hatten, aber damit müssen wir uns versöhnen. Und es gibt für ältere Menschen nicht weniger Möglichkeiten, ein aktives Leben zu führen, als für junge.“[2] Und weiter: „Du kannst im Alter wirklich zu dir sagen ‚Jetzt bin ich alt, jetzt tue ich mal Dinge, an die ich mich früher nicht herangetraut habe.‘ Dann entdeckst du dich selbst noch mal neu – und auch die anderen entdecken dich wieder neu, horchen und merken auf. Es müssen aber nicht immer sehr komplexe Aktivitäten sein, das können … ganz einfache Tätigkeiten sein.“[3]

Glück ist also immer in Bewegung. Indem wir über uns selbst hinauswachsen, bauen wir psychisches Wachstum auf, das uns stärkt. Unser Stolz auf das Geleistete macht uns weniger verwundbar. Und die Erfahrung von persönlicher Einwirksamkeit auf unser Leben stärkt unser Selbstbewusstsein und unsere Widerstandsfähigkeit, sie schenkt uns Lebensfreude und Genussfähigkeit. Das ist der entscheidende Schlüssel zum Glück im Alter.

 

[1] Mihaly Csikzentmihaly, FLOW IM BERUF, S. 39, KLETT-Cotta-Verlag, 2014

[2] Mihaly Csikzentmihaly, FLOW- DER WEG ZUM GLÜCK, S. 167, Herder-Verlag 2012

[3] Mihaly Csikzentmihaly, FLOW- DER WEG ZUM GLÜCK, S. 166, Herder-Verlag 2012

 

 

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